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Die norwegische Sprache kennt in der Kommunikation zwischen verschiedenen Personen keinen Unterschied, ob diese sich gut, wenig oder überhaupt nicht kennen, ob sie in einem hierarchischen Verhältnis zu einander stehen oder auf der gleichen gesellschaftlichen Ebene: Alle (außer dem König) werden mit „du“ angeredet. Die bei uns übliche Unterscheidung zwischen „du“ und „Sie“ als Anrede bestimmt das Zusammenleben in einer Gemeinschaft mehr als es oberflächlich erscheint:
Hanne Rustad vom Institut für Sprach- und Kommunikationsforschung an der NTNU in Trondheim erklärt es so: Man muss gar nicht soweit in der Zeit zurückgehen, bis man dort ankommt, wo die Höflichkeitsformen „Sie“ und „Ihr/e“ auch im Norwegischen üblich waren: diese Höflichkeitsformen verschwanden erst in den 70er-Jahren. Heute benützt man diese Worte nur noch, wenn man ganz bewusst einen gewissen Abstand betonen möchte. Heutzutage wird aber in Norwegen mehr Wert auf Gleichheit und Nähe gelegt; im Lauf der letzten Generationen gingen die Bewohner immer informeller und intimer mit der Sprache um. Die Unterscheidung zwischen privater und nicht-privater Kommunikation ist immer weniger deutlich geworden. Diese Veränderungen sind mit tiefgreifenden Veränderungen in der Gesellschaft einhergegangen, z.B. mit sozialer und geografischer Urbanisierung. Der Übergang vom „Sie“ zum „Du“ spiegelt auch die Wandlung von einem hierarchischen zu einem eher egalitären Gesellschaftssystem wieder, wo Klassenunterschiede kaum mehr eine Rolle spielen.